Stimme fit
Läuft Ihre Stimme immer rund oder kennen Sie Heiserkeit, Räusperzwang und Druckgefühl im Hals? Wer die Stimme bereits für einige Zeit verloren hat, merkt, wie wertvoll und gleichzeitig anfällig sie ist. Ein sorgsamer und pflegender Umgang lohnt sich, besonders bei starker Sprechbeanspruchung, in klimatisierten Räumen und in der Erkältungszeit. Wenn die Stimme nicht stimmt, kann es daran liegen, dass eine Erkältung im Anmarsch ist. Möglich ist aber auch ein Sprechen mit zu viel Druck, Belastung durch Alkohol/ Rauchen, emotionaler Stress oder ein Reflux. Dabei steigt Magensäure in der Speiseröhre auf, der die Kehlkopfschleimhaut angreift. Im Zweifel ist zunächst eine Abklärung beim HNO-Arzt sinnvoll, um eine Diagnose zu erhalten.
Was lässt sich sonst tun, um die Stimme gesund zu erhalten?
Dos
- Aufrechte Körper- und Kopfhaltung, um Atmung und Resonanz nicht einzuschränken.
- Trinken: Die Schleimhäute im Hals-Nasen-Rachen-Bereich benötigen viel Feuchtigkeit. Trinken Sie am besten stilles und nicht zu kaltes Wasser oder Kräutertee.
- Inhalationen mit Wasserdampf
- Meersalz für die Nase zur Befeuchtung
- Warm Up & Cool down: Vor längeren Stimmbelastungen ist ein Aufwärmtraining durch Sprech- und Stimmübungen sinnvoll. So wie ein Leichtathlet seine Muskulatur erwärmt, bevor er einen 100 Meter Sprint startet, so können wir unsere Sprechmuskulatur erwärmen, um diese gut im Griff zu haben.
Folgende drei Übungen sind z. B. zu empfehlen:
„Volltönend und resonanzreich“
Illustrationen: Laura Grahn
Legen Sie Ihre Hände an die Wangen, sanft und ohne Druck. Die Zähne sind locker und nicht zusammengebissen (wie beim Höflichkeitsgähnen). Der Unterkiefer ist ebenfalls entspannt. Die Lippen liegen locker aufeinander. Lassen Sie ein „Mhm“ erklingen. Spüren Sie die Vibrationen an den Wangen? Nun legen Sie die Hände nacheinander auf den Kehlkopf, die Lippen, die Nase und die Stirn, während Sie weiter tönen. Lenken Sie den Ton gedanklich zu Ihren Händen. Stellen Sie sich vor, dass eine Biene durch Ihre Resonanzräume summt. Schicken Sie diese nacheinander gedanklich durch alle Räume. Können Sie die Schwingungen fühlen?
„Gesichtsmassage“
Ziele: Lockerung verspannter Muskelpartien im Bereich der Gesichts- und Kaumuskulatur, Verbesserung der Deutlichkeit und der Qualität des Simmklangs
Kennen Sie das auch, dass Ihr Gesicht wie „eingefroren“ oder „fest“ ist und dadurch die Artikulation nur mühsam gelingt? Ganz einfache Abhilfe schafft eine Gesichtsmassage. Wann sind Sie das letzte Mal massiert worden? Das Herrliche an der Gesichtsmassage ist, dass Sie diese selbständig durchführen und sich damit etwas Gutes zukommen lasssen können. Setzen Sie sich aufrecht hin. Massieren Sie Ihr Gesicht je nach Lust und Laune in den Regionen, die angespannt sind. Nun streichen Sie gezielt bestimmte Bereiche mit den Fingerspitzen aus. Folgende 5 Regionen bieten sich dabei an:
- Legen Sie Ihre Fingerspitzen zunächst auf Ihre Stirnmitte. Streichen Sie einige Male langsam von der Mitte zu den Schläfen.
- Legen Sie dann die Fingerspitzen von Zeige- und Mittelfinger auf den Nasenrücken und streichen Sie einige Male mit den Fingerkuppen Richtung Wangenknochen.
- Legen Sie jetzt die Fingerspitzen auf die Wangenknochen und streichen Sie einige Male in Richtung Kinn. Der Unterkiefer kann dabei locker mit geweitet werden.
- Legen Sie nun die Kuppen der Zeigefinger zwischen Lippen und Nase und streichen Sie einige Male in Richtung Mundwinkel.
- Zum Schluss legen Sie die Kuppen der Zeigefinger zwischen Lippen und Kinn und streichen einige Male in Richtung Mundwinkel – als würden Sie sich ein Lächeln ins Gesicht streichen.
Spüren Sie wieder nach: Wie fühlt sich Ihre Gesichtmuskulatur an? Diese Übung bietet sich auch wunderbar direkt am Arbeitsplatz zwischendurch als kleine Lockerungsübung an.
„Leuchtturm“
Ziele: gute Aufrichtung im Sitzen, Sitzbeinhöcker wahrnehmen, Atmung spüren und vertiefen
Wie sitzen Sie gerade jetzt? Kennen und spüren Sie Ihre Sitzbeinhöcker? Wie der Name schon erahnen lässt, sitzen wir idealerweise darauf. Wenn Sie sich auf einen harten Stuhl auf das vorderste Stuhldrittel setzen und mit Ihrem Becken nach vorne und hinten schaukeln, spüren Sie die beiden Höcker ganz deutlich. Falls noch nicht, legen Sie eine Hand unter eine Gesäßseite. Spüren Sie den Knochen? Vielleicht ist es auch erst einmal ungewohnt oder unangenehm. Denn wir neigen dazu, eher zusammengefallen oder im Rundrücken zu sitzen und die Höcker dabei nicht mehr wahrzunehmen.
Lassen Sie Ihre Arme locker hängen. Balancieren Sie nun Ihre Wirbelsäule auf beiden Sitzbeinhöckern gleichmäßig aus, indem Sie sanft in der Hüfte kreisen. Kommen Sie wieder in der Mitte an. Stellen Sie sich vor, Sie sind präsent und gerade aufgerichtet – wie ein Leuchtturm.
Nun atmen Sie gedanklich von oben in Ihren Leuchtturm hinein die Wirbelsäule abwärts – Wirbel für Wirbel. Sie beginnen einatmend mit dem obersten Halswirbel und atmen aus. Pause. Dann geht es Schritt für Schritt den Rücken hinunter weiter durch alle 33 Wirbel. Lassen Sie sich ganz viel Zeit für jeden der 7 Hals-, 12 Brust-, und 5 Lendenwirbel bis zum Kreuzbein und zum Schluss zu Ihrem Steißbein. Die Atmung fließt gleichmäßig und entspannt, wie ruhige Wellen. Merken Sie, wie sich die Atmung durch die gerade Aufrichtung vertieft? Beobachten Sie, wie das Gewicht des Oberkörpers – Ihres Leuchtturms – von den beiden Sitzbeinhöckern getragen wird. Bauch, Rücken, Schultern, Nacken, Unterkiefer und Gesicht sind dabei ganz entspannt. Nehmen Sie dieses Bild des Leuchtturms als Anker mit für die nächste wichtige Gesprächssituation, in der Sie klar und überzeugend wirken möchten.
Don`ts
- Austrocknende, schleimende oder sehr süße Getränke wie Kaffee, Milchkaffee, Cola
- Essen bestimmter Lebensmittel unmittelbar vor der Redesituation, wie extrem scharf gewürzte Speisen, Milchprodukte, Nüsse und Süßes. Am besten ½ Stunde vor einer wichtigen Redesituation gar nichts essen.
- In sehr lauten oder verrauchten Räumen sprechen.
Tipps bei Erkältung und Heiserkeit
Haben Sie ein Hausmittel bei Erkältungen, von dem Sie völlig überzeugt sind, vielleicht noch ein Geheimtipp von Oma? Die innere Überzeugung und der persönliche Geschmack helfen, schneller wieder fit zu werden.
Räuspern vermeiden: Räuspern belastet die Stimmlippen zu stark durch den Druck. Alternativen, um den Schleim zu verteilen und abfließen zu lassen sind: Pleuelübung (siehe Kapitel 11.7.), leises summen, kurz husten.
Halsbereich warmhalten: Tragen Sie einen Schal oder ein Tuch.
Viel Kräutertee trinken, z. B. aus Eibischwurzel oder Salbei. Meine Empfehlung ist ein „Power-Tee“ aus frischem Ingwer, Minze und Zitronensaft- und scheiben mit ein wenig Honig gesüßt – als „I-Tüpfelchen“ mit frischer Kurkumawurzel ergänzt.
Lutschen: Milde Bonbons oder Pastillen, z. B. Emser Salz oder Isla Moos (ohne Menthol), Salbeibonbons
Deutlich artikulieren: Dann benötigen Sie weniger Lautstärke und können so den Kehlkopf entlasten.
Stimmschonung: Wenig sprechen, auf Gestik ausweichen, und vor allem nicht Flüstern, denn die Flüsterstimme belastet die Stimmlippen stark.
Welche Anregungen zur Stimmfitness nehmen Sie mit? Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Ausprobieren! Weitere Übungen zur Stimme finden Sie im bald erscheinenden Buch „Stimme und Präsenz entwickeln – im Selbstcoaching“.
Das Buch „Stimme und Präsenz“ habe ich sehr gerne gelesen.
Beate Lorenz ist es gelungen, in diesem kleinen, kompakten Buch alle stimmrelevanten Parameter humorvoll, verständlich, kurz und gleichzeitig fachlich aufgefächert darzustellen.
Man bekommt große Lust ins Üben einzusteigen.
Ich empfehle es unbedingt weiter.
Christine Peters