Kreativ ins Neue Jahr – der positive Effekt des Schreibens

Kreativ ins Neue Jahr – der positive Effekt des Schreibens

„Schreiben heißt, sich selber zu lesen!“Max Frisch

Die schönen Erlebnisse festhalten, spontane Ideen einmal ausformulieren oder ein Problem loswerden – wer über seine eigene Gedankenwelt schreibt, tut auch seiner seelischen Gesundheit etwas Gutes. Indem man z.B. schreibend seine Wünsche und Bedürfnisse formuliert, legt man einen Grundstein zur Erfüllung dieser Wünsche und Bedürfnisse. Denn: Nur wer weiß, was er braucht, kann dafür sorgen, dass er es bekommt!
Das Thema hatte mich schon im letzten Jahr neugierig gemacht. Ein schönes Notizheft war schnell besorgt und die ersten Seiten füllen sich nun gleich zu Beginn des Jahres. Bisher freue ich mich darüber, einige Gedanken strukturierter zu Papier zu bringen. Irgendwie wirkt dies verbindlicher – ich bleibe gespannt, od dieses Gefühl anhält :-)!
Ein Blick auf die zahlreiche Literatur zum Thema Schreiben und auf medizinische Studien hierzu zeigt, dass bereits 15 Minuten Schreiben am Tag sich positiv auf die körperliche und die geistige Gesundheit auswirken.

Schreiben hat positive Effekte auf Körper und Seele

In Bezug auf unser psychisches Wohlbefinden nutzt z.B. die positive Psychologie Schreiben als Möglichkeit, den Blick auf die eigene Selbstwirksamkeit zu lenken und Selbstvertrauen aufzubauen. Hier werden Klienten ermutigt, ein Positivtagebuch zu führen. Sie notieren jeden Abend das, was am Tag gut gelaufen ist und machen sich vor allen Dingen den eigenen Beitrag dazu bewusst. Der Fokus wird somit auf das gelenkt, was am Tag gelungen ist! Man hat dies sichtbar vor Augen, wenn man es aufschreibt! So ein Positivtagebuch ist super und wer das für sich macht, wird relativ schnell die motivierende Kraft spüren können. Doch Schreiben kann mehr – es geht darum, allen Seiten des Lebens – auch den schwierigen Rechnung zu tragen.

Medizinisch gesehen konnte z.B. bei Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten hatten und als begleitende therapeutische Maßnahme u.a. eine Schreibtherapie durchführten, die Anzahl blutdrucksenkender Medikamente reduziert werden (Additive Effects des HGT, 24.07.2019). In einem anderen klinischen Kontext wurde bei AIDS Patienten ein Anstieg der Helferzellen beobachtet und gleichzeitig eine Abnahme von Viruszellen (Petrie, Fontanilla, Thomas, Booth, Pennebake, Effect of written emotional Expression ..,2004)

Warum ist es so, dass Schreiben guttut?

Vielleicht, weil man einfach und schnell aktiv werden kann, somit gegebenenfalls eine „Grübelschleife“ unterbricht. In einigen Therapien wird Schreiben auch als Strategie gegen das Grübeln verordnet.

Vielleicht, weil Schreiben hilft, Gedanken zu strukturieren oder weil auch schwierige Dinge in Worte gefasst werden. Dabei ist Schreiben ein Stück Freiheit, denn niemand bewertet das Geschriebene, niemand widerspricht oder korrigiert. Man schreibt ausschließlich für sich, was man schreibt, geht keinen anderen Menschen etwas an. Ein Tagebuch oder Notizheft hören auf wunderbare Weise zu und fördern somit die Selbsterkenntnis und die Fähigkeit zur Problemlösung.

Spannend ist die Beobachtung, dass es Menschen hilft, sich anderen zuzuwenden, wenn sie ihre eigenen Gefühle vorher zu Papier gebracht haben: Menschen, die ihre Gedanken niederschreiben sprechen demnach mehr mit ihren Mitmenschen, sind optimistischer und verwenden häufiger das Wort „Wir“ statt „Ich“. Die Fähigkeit, Gefühle in Worte zu kleiden, macht Menschen offenbar kommunikativer.

Aktivieren Sie Ihre Schreibkraft

Dabei ist es gar nicht wichtig, dass die Sätze in geschliffener Sprache aufgezeichnet werden. Sie müssen nichts Besonderes leisten, machen Sie sich also frei von eigenen Leistungsansprüchen und Erwartungshaltungen und auch denen anderer. Lehnen Sie sich zurück und notieren Sie auf Ihre Art, was Ihnen wichtig erscheint. Ob Sie dies in Form pragmatischer Listen tun oder ungefiltert Ihre Gedanken in ein Notizbuch kritzeln. Alles ist erlaubt, wenn es Sie inspiriert.

Drei Möglichkeiten mit dem Schreiben zu starten

 

1. Gedanken und Gefühle aufschreiben und besser ausdrücken

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Kollege berichtet bei der gemeinsamen Projektarbeit von seinen Ideen und macht bereits Vorschläge, wie diese umgesetzt werden können. Sie selber fühlen Sie sich plötzlich unwohl, weil Sie das Gefühl haben, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden und in dem Projekt den Kürzeren zu ziehen. In unserem Beispiel sagt der Kollege: „Eine gute Idee, oder? Ich bin überzeugt, dass wir so unser Ziel erreichen!“ …und schaut Sie erwartungsvoll an. Sie reagieren mit einem zögernden Nicken, vielleicht unsicheren: „Tja, das könnte so gehen!“ 

In Ihrem Kopf hingegen herrscht gedankliches Wirrwarr: „Stelle ich mich zu sehr in den Vordergrund, wenn ich Bedenken äußere, die Idee ist eigentlich ganz okay, nur bin ich nicht berücksichtigt!“ „Kann ich das so sagen?“ „Wie kann ich das eigene Gefühl in Worte fassen, ohne dem Anderen etwas zu unterstellen oder die Beziehung aufs Spiel zu setzen?“ 

Im direkten Gespräch fällt es häufig schwer mit sich im Kontakt zu sein und entsprechend zu reagieren. Die Distanz zu Ihrem Gegenüber ist geringer – physisch wie psychisch. Außerdem bleibt beim Sprechen weniger Zeit, eigene Gefühle in Worte zu fassen.

Diesen sozialen und zeitlichen Druck haben Sie beim Schreiben nicht. Hier haben Sie eine größere Distanz zu dem Geschehen und mehr Zeit entspannter in sich hinein hören. Die größere Distanz beim Schreiben schafft also paradoxerweise eine größere emotionale Nähe zu Ihrem Gefühl. Das hilft Ihnen, eigene Emotionen besser zu erkennen, zu definieren und zu kommunizieren.

2. Konkrete Wochenimpulse beleuchten

Neben konkreten Situationen, wie sie im Beispiel oben beschrieben sind, können Sie auch jeweils ein Thema pro Woche beleuchten. Nehmen wir das Thema: „Grenzen setzen“. Oft erleben wir es, von den alltäglichen Aufgaben und Pflichten vollständig vereinnahmt zu werden. Wir wollen es allen recht machen, hetzen häufig von einer Aufgabe zur anderen, genug Anforderungen von außen sind meist da! Abends fallen wir völlig erschöpft ins Bett ohne in irgendeiner Form etwas für unser eigenes Wohlbefinden getan zu haben. Das ist vielen Menschen vertraut! Eine ganze Zeit lang mag das gutgehen, auf lange Sicht jedoch kann es krank machen. Insbesondere dann, wenn eigene Wünsche und Bedürfnisse immer wieder zurückstehen müssen.

Dann loht es sich, darüber nachzudenken was Sie brauchen. Gestalten Sie doch einmal eine Schreibwoche in der Sie mehr über sich und Ihre Grenzen kennenlernen und darüber, was Sie selbst dafür tun können, dass diese Grenzen gesehen und eingehalten werden. Dieser Vorschlag einer Schreibwoche zu einem konkreten Thema ist entnommen aus dem Buch: „Ich schreibe mich gesund“ von Professor Dr. med. Silke Heimes – dtv 2020. Nutzen Sie dabei jeden Tag der Woche, indem Sie jeweils Ihre Impulse aufschreiben zu den folgenden Fragen:

Tag 1: Sind Sie schon einmal richtig über Ihre körperlichen Grenzen hinausgegangen? Welche Konsequenzen hatte das damals? Wie würden Sie sich heute in einer ähnlichen Situation verhalten? ✎……………………………

Tag 2: Wann haben Sie Ihre emotionalen Grenzen das letzte Mal gespürt? Wann z.B. haben Sie sich das letzte Mal über das Verhalten von jemandem geärgert oder sich ungerecht behandelt gefühlt? In welcher Situation war das? Was haben Sie dann gemacht?  ✎……………………………

Tag 3: Fällt es Ihnen schwer, NEIN zu sagen? Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe dafür? In welchen Situationen gelingt es Ihnen, Nein zu sagen? In welchen Situationen eher nicht? Was ist der Unterschied? ✎……………………………

Tag 4: Wer könnte Ihnen die Erlaubnis geben, öfter mal NEIN zu sagen und für eine Aufgabe nicht mehr zur Verfügung zu stehen? Wann und wem gegenüber wollen Sie ein NEIN zukünftig öfter einmal üben? ✎……………………………

Tag 5: Welches ideale Bild von sich verleitet Sie dazu sich mehr aufzuladen, als Ihnen guttut? Ist dieses ideale Selbst überhaupt erreichbar? Wie könnte es Ihnen gelingen, sich von überzogenen Selbstidealen zu verabschieden? ✎……………………………

Tag 6: Welche aktuellen Belastungen führen dazu, dass Sie Ihre Grenzen überschreiten? Wichtig: Gestatten Sie sich, einzugestehen, dass etwas derzeit zu viel ist. Was ließe sich daran ändern?  ✎……………………………
Tag 7: Verschaffen Sie sich einen allgemeinen Überblick über Ihre derzeitige Situation: Welche Rollen und Aufgaben haben Sie inne? Listen Sie zunächst alle Rollen und Aufgaben auf! Sehen Sie sich im nächsten Schritt diese Rollen und Aufgaben an. Sind diese überhaupt zu bewältigen? Was konkret innerhalb der einzelnen Rollen erleben Sie als bereichernd? Was kommt für Sie persönlich dabei zu kurz?  ✎……………………………

 

Notieren Sie am Ende der Woche alle Erkenntnisse, Gedanken und Gefühle, die Sie unbedingt festhalten wollen. Was nehmen Sie für sich persönlich mit? Welche Veränderung packen Sie an?  ✎……………………………

3. Das klassische Tagebuch

Hier können Sie alles zum Thema machen, was Ihnen wichtig ist. Vielleicht helfen die folgenden Fragen für den Start…

  • Was ist heute um mich herum passiert?
  • Was habe ich gefühlt? Über wen habe ich mich geärgert, wer hat mich erfreut?
  • Was hat mir gefallen?
  • Was konnte ich genießen?
  • An wen aus der Vergangenheit habe ich gedacht?
  • Gibt es jemanden, den ich einmal ansprechen sollte?
  • Hätte ich in einer Sache anders reagieren sollen?
  • ….
Und nun Sie!

Wenn Sie sich angeregt fühlen und sich vorstellen können, dass Schreiben auch für Sie spannend sein kann, dann legen Sie los. Machen Sie Ihre eigenen Erfahrungen. Wir wünschen Ihnen gute Erkenntnisse für Sie persönlich und vor allen Dingen Freude und Leichtigkeit beim Tun.

Herzlichst und verbunden mit den besten Wünschen für ein glückliches und erfolgreiches 2023

Ihre Karin Grahn und Beate Pflieger Lorenz

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.