Wie ich meinen inneren Schweinehund überwand

 

                                      „Wer etwas will, findet Wege! Wer nicht will, findet Gründe!“                                    Dalei Lama

Den inneren Schweinehund überwinden 

„Como eu superei o meu bastardo interior!“

…das ist portugiesisch und heißt soviel wie: Wie ich meinen inneren Schweinehund austrickste.

Genau darum soll es in diesem BLOGartikel gehen. Ich befinde mich zeitlich im Januar 2024 und wollte den Jahresanfang nutzen, um meine mit Freude erworbenen Portugiesisch Kenntnisse auszubauen. Mit Freude, weil ich in einem fünfwöchigen Sprachkurs direkt vor Ort in Lissabon ersten Kontakt mit der Sprache und den Menschen sammeln konnte.  

Weiter zu lernen sollte auch nach meiner Auszeit Bestand haben. Motiviert ging ich also zur Sache, aktivierte eine Sprachen App und meldetet mich zu einem monatlichen Online Treffen mit einem Native Speaker an. Ziel war es, gut in der Landessprache über die Themen des Lebens plaudern zu können. Um für die Sessions vorbereitet zu sein hatte ich mir alle 2 Tage ein 30 Minuten Programm verordnet. So wollte ich meinen Vokabelschatz erweitern und fit bleiben in Grammatik und Aussprache. 

Und die Realität???

Was soll ich sagen – der Alltag kam dazwischen: Hobbies wie z.B. Sport „…das muss doch auch sein, Bewegung ist einfach wichtig!“; Treffen mit Freunden; Selbstüberschätzung – „…leider brauche ich viel länger für eine Einheit als gedacht!“, und, und, und…

Jede Menge Widersacher drohten meinen Plan zu sabotieren.

Que chatice“ – was soviel heißt wie: „So ein Mist“– Fluchen kann ich schon ein wenig in der neuen Sprache 😊

Das wollte ich nicht wirklich zulassen. Zum Glück meldete sich eine ärgerliche – wahrscheinlich ehrgeizige Stimme in mir, ebenso wie ein neugieriger Anteil. Insbesondere dieser wollte wissen, ob und wenn ja welche Motivationsstrategien bei mir erfolgreich sind.

Also startete ich ein Selbstexperiment und wählte aus dem Cocktail von Ideen zum Thema Selbstüberlistung vier konkrete Hinweise aus, die mich auf den Weg bringen sollten.

Kurzer Abstecher: Wie bin ich auf das Thema Selbstüberlistung gekommen? Auslöser war ein Buch von Christian Rieck welches der Freund unserer Tochter mir empfohlen hatte.

Christian Rieck bietet hier konkrete Übungen an, die darauf abzielen, das Gehirn und die eigenen Verhaltensmuster gezielt zu überlisten. Besonders fasziniert hat mich der humorige und versöhnliche Blick auf die inneren Anteile, die uns steuern. Er nennt sie dort „unsere Agenten“, die immer in unserem Sinne unterwegs sind. Ich bleibe hier im Artiekl bei den inneren Anteilen, angelehnt an das Modell zum Inneren Team von Friedemann Schulz von Thun. 

In Christian Riecks Buch geht es darum, Strategien zu finden, die inneren Anteile so zu lenken, dass sie produktiv zusammenarbeiten.

Hier also die vier Ideen meines Selbstexperiments: 

Erstens: Lerne deinen inneren Schweinehund kennen und arrangiere dich mit ihm!

Wie sollte das denn gehen? Vorgeschlagen wurde, ein Zwiegespräch zu starten! Das fühlte sich im ersten Moment komisch an, doch es hat tatsächlich funktioniert. In meinem Fall hörte sich das ungefähr so an: 

Ich: „Liebe Saboteurin, warum verschiebst du die Online Termine mit dem Native Speaker so häufig – jetzt schon zum dritten Mal?“

Stimme der Saboteurin: „Ganz einfach, weil ich nicht genug geübt habe und es mir peinlich ist, dass ich nach dieser Zeit selbst bei einfachen Sätzen immer noch ins Stolpern gerate!“

Ich: „Hmh – und wie wäre es, wenn wir uns jeden Abend fünf Minuten Zeit nehmen, laut einen  kurzen Artikel zu lesen und dabei gleichzeitig die Aussprache üben?“ (Anmerkung: Ich besitze ein Buch mit informativen Texten zu Land und Leuten. Diese sind unterstützt durch die  entsprechende Lautschrift. Somit eignet es sich wunderbar um auch die Aussprache zu verbessern).       

Stimme der Saboteurin: „Damit wäre ich einverstanden, wir üben erst einmal in der stillen Kammer und keiner hört es!“

Ich: „Genau! Und mit der Zeit werden wir sicherer und fühlen uns dann besser, wenn wir uns online treffen.“  

Das Ziel des Zwiegespräches – kein Tipp aus dem Buch sondern ein Werkzeug aus der Coachingarbeit mit dem inneren Team – ist es, Verständnis für Stimmen in uns zu zeigen, die uns sabotieren. 

Hier ist die Übungsanleitung, falls Sie es einmal selber ausprobieren wollen:

    1. Nimm dir 5 Minuten Zeit und schreibe einen Dialog zwischen dir und dem Saboteur oder inneren Schweinehund auf.
    2. Frage ihn, warum er dich blockiert. Lass ihn ehrlich antworten.
    3. Suche gemeinsam nach Lösungen, z.B. mit der Frage: „Was brauchst du, um  die Arbeit auszuführen?“ „Gibt es vielleicht einen Anteil, den du schützt?“ 

Und die weiteren Impulse?

Die folgenen, wie ich finde gut realisierbaren Schritte, habe ich dem Buch von Christian Rieck entnommen. Sie helfen mir nach wie vor, auf dem Weg zu bleiben: 

Zweitens: Bestehende Routinen nutzen 

Laut Literatur einer der erfolgsversprechendsten Tipps ist es, das Lernen einer neuen Gewohnheit mit einer bestehenden Routine zu verknüpfen. Den Hinweis konnte ich schnell umsetzen. Meinen täglichen Gang um den Ziegelsee nutzte ich um mir einen portugiesischen Podcast anzuhören und so Stück für Stück die Sprachmelodie fast schon unterbewusst aufzunehmen. Das beruhigte auch meine innere oft sehr laute Kritikerin, die mit der eigenen Aussprache haderte. Am Anfang verstand ich zwar kaum die Inhalte, das legte sich nach zwei Wochen und ich konnte in dem gesprochenen Tempo des Moderators bereits Satzteile/Vokabeln erkennen.

Drittens: Die „Wenn-Dann“ Strategie

Besonders effektiv für mich war die „Wenn-Dann Strategie“. Das  Ziel dieser Strategie ist es, klare Regeln zu benennen und somit ein automatisiertes Verhalten Stück für Stück zu etablieren. 

Folgende Übung hatte ich mir dazu überlegt: Wenn ich mich morgens an den Schreibtisch setze, dann nehme ich mir 10 Minuten Zeit und notiere fünf Sätze auf portugiesisch zu einer Geschichte, die ich meiner Lehrerin beim nächsten Zoom Meeting erzählen werde. Z.B. „Wie ich den Tag starte?“ „Was ich in meinem nächsten Urlaub erleben möchte?“ „Der Inhalt des Buches, welches ich gerade lese.“ „Der Film, den ich letztens gesehen habe.“

Wenn…dann… ist deswegen erfolgreich, weil das Gehirn klare, einfache Entscheidungswege liebt. So weiß es unmittelbar, was der nächste Schritt ist und braucht keine Energie mehr aufzuwenden, ins Tun zu kommen oder sich auf innere Diskussionen einzulassen.  

Die Strategie war besonders effektiv für mich und brachte auch noch Spaß. Stück für Stück gewann ich an Sicherheit und war gleich gut vorbereitet auf die für mich schwierigsten Situationen im Zoom Meeting – aktiv ins Sprechen zu kommen. Meine innere Perfektionistin und die Ehrgeizige waren beruhigt :-). 

Erleichtert habe ich mir die Arbeit, indem ich auf meinem Schreibtisch gleich sichtbar das Notizheft zum Notieren der Sätze sowie einen Stift bereithielt. Somit konnte ich gleich loslegen. 

Viertens: Die Arbeit mit „Framing“

Für mich spannend war die Erkenntnis, eine  Situation anders als gewohnt zu „framen“. Also in meinem Fall nicht das Lernen in den Vordergrund zu stellen, sondern das eigene Verhalten als eine Art „inneres Spiel“ anzusehen zwischen verschiedenen Anteilen, die sich zeigen. So wie beim inneren Team, der Methode mit der wir im Coaching bevorzugt arbeiten. Die einzelnen Anteile zu erkennen, sie zu verstehen und mit Ihnen zu reden um sie für das Ziel zu gewinnen war sehr effektiv, da die Bilder nachhaltig in mir wirkten.

Und heute?

Wo stehe ich aktuell in puncto Portugiesisch? Bis zum Herbst 2024 bin ich in der Tat gut vorangekommen. Dann reisten wir für vier Wochen nach Japan, um dort Land und Leute besser kennenzulernen. Danach war ich bis zum Jahresende intensiv beruflich eingebunden – die Portugiesisch Bücher lagen vorerst gut verstaut im Schrank, die App machte mich beharrlich und freundlich auf meine Defizite aufmerksam 😉.

Bis zum letzten Wochenende! Das war der Startschuss, die Strategien erneut in den Alltag zu holen. Ein Ziel habe ich ebenfalls: Im Spätsommer werden wir nach Portugal fahren – Motivation genug, in der Sprache fitter zu werden! Und ich fange nicht bei Null an – das ist besonders schön.

Wie motivieren Sie sich, wenn Sie etwas Neues beginnen? Welche Strategie funktioniert(e) bei Ihnen, was hält Sie motiviert? Wir sammeln gerne auch Ihre Hinweise zu dem Thema – schließlich ticken wir alle unterschiedlich – der Erfahrungsaustausch dazu wäre sehr spannend. Vielleicht haben Sie Lust auf das Webinar am 12.03.2025 zu diesem Thema.Ich  freue mich über Ihre Resonanzen. 

Ganz herzliche Grüße – Felicidados

Ihre Karin Grahn

Dieser Artikel entstand am 21.01.2025 im Rahmen des Unternehmensblog-Abends zum Thema Blog und Storytelling – Artikel, die Geschichten erzählen.

 

1 Kommentar zu „Wie ich meinen inneren Schweinehund überwand

  1. Liebe Karin, ganz herzlichen Dank für diesen schönen Artikel! Er ist sehr unterhaltsam, dabei auch informativ und lehrreich. Den inneren Schweinehund kenne ich nur zu gut und mich nervt er auch so manches Mal. Ich probiere Deine Strategie bei der nächsten Gelegenheit gleich aus.
    Klasse, dass der Unternehmensblog-Abend solch einen schönen Artikel angestoßen hat. 🙂

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